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Willkürlichen Bewertungskriterien - Ihre Rechte als Bieter

Willkürlichen Bewertungskriterien - Ihre Rechte als Bieter

Die rechtlichen und formalen Anforderungen an eine faire und transparente Angebotsvergabe sind hoch, schließlich bilden sie den Kern einer jeden Vergabe. Umso irritierender, dass viele Ausschreibungen nach Bewertungskriterien vergeben werden, die nicht oder nur wenig nachvollziehbar sind.

Die Wahl zweifelhafter Formeln zur Angebotsauswertung ist dabei nur ein Faktor. Besonders kritisch ist es, wenn die Behörde bei der Aufstellung der Vergabekriterien ihren Ermessensspielraum so weit auslegt, dass sich Willkür vermuten lässt.

Grundsätzlich können Vergabestellen die Zuschlagskriterien relativ frei wählen. Die wesentliche gesetzliche Anforderung an diese ergibt sich aus dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und besagt, dass die Zuschlagskriterien mit dem Auftrag in Verbindung stehen müssen (§ 127 Abs. 3 GWB).

Diese Vorgabe ist allerdings sehr allgemein und wird nur durch die Formulierung eingegrenzt, dass diese so beschaffen sein müssen, dass „der Zuschlag nicht willkürlich erteilt werden kann“ (§127 Abs. 4 S. 1 GWB). Die Vergabeordnung präzisiert lediglich, dass die einzelnen Zuschlagskriterien spätestens in den Vergabeunterlagen gewichtet dargelegt werden müssen. Ist dies nicht möglich, dürfen sie sogar lediglich in der Reihenfolge ihrer Bedeutung veröffentlicht werden (§ 58 Abs. 3 VgV).

 

Laxe Vorgaben erzeugen eine laxe Handhabung

Nicht eindeutige Vorgaben lassen Spielraum für eine willkürliche Bewertung. So können die Vergabestellen nach ihrem Dafürhalten nicht nur sehr verschiedene Bewertungskriterien zur Wertung der Angebote heranziehen, solange diese irgendwie mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen. Sie können darüber hinaus auch relativ frei entscheiden, welches Kriterium mit welchem Gewicht sie bei der Angebotsauswertung beachten. Die Vergabestellen müssen lediglich diese Gewichtung transparent machen.

Wenn sie Gründe nennen, weshalb dies bei einer Vergabe nicht möglich sei, reicht die bloße Aufzählung der Kriterien in der Reihenfolge der Bedeutung. Das Ergebnis: eine kaum nachvollziehbare Handhabung.

Noch schwieriger wird es, wenn Vergabestellen die Angebote anhand von verlangten Konzepten oder Stellungnahmen zu bestimmten Sachverhalten bewerten. In diesem Fall kann oftmals nicht mehr nachvollzogen werden, weshalb welches Angebot mit welchen Punkten bewertet wurde.

 

Ein Praxis-Beispiel

Eine Vergabestelle schrieb Ende 2014 Leistungen zum technischen Gebäudemanagement (TGM) aus. Darin hieß es:

Der Bieter hat mit dem Angebot ein Betriebskonzept einzureichen, das einen Vorschlag zur Umsetzung der Vorgaben der Leistungsbeschreibung … der Auftraggeberin enthält. … Die Auftraggeberin behält sich vor, sich dieses Betriebskonzept zusätzlich im Rahmen einer Präsentation darlegen zu lassen. Die Ermittlung der Punkte betreffend die Leistung richtet sich nach Zielerfüllungsgraden in Anlehnung an die Unterlage für Ausschreibung und Bewertung von IT-Leistungen (UfAB) …:

diagramm-bewertungskriterien-vergabe-beispiel 

In den Unterlagen wird nicht präzisiert,

  • was genau einen hohen Zielerfüllungsgrad ausmacht,
  • was einen durchschnittlichen und
  • was einen geringen.

Auch wird nicht verdeutlicht, wie die Punkte innerhalb dieser Kategorien abgestuft werden. Wenn man die Präsentation als weiteres äußerst vages Kriterium sieht, scheint die Vorstellung plausibel, dass die Wahl Ihrer Worte kaum Bedeutung für die Vergabeentscheidung hat.

 

Wie Sie gegen intransparente Bewertungskriterien vorgehen können

Wie geschildert, sind die rechtlichen Schutzmöglichkeiten für solche Fälle von Intransparenz in der Vergabeentscheidung relativ vage. Immerhin ermöglicht dieser Umstand, das Verbot willkürlicher Vergabeentscheidungen relativ breit auszulegen und entsprechend vorzubringen.

Im konkreten Fall bedeutet dies, dass man nach Lektüre der Bewertungskriterien mittels einer Bieterfrage unter Berufung auf §127 Abs. 4 GWB um eine Präzisierung der Bewertungspraxis bitten kann. So kann konkret nachgefragt werden,

  • welche Punkte im Konzept behandelt werden sollen,
  • welche Aspekte der Vergabestelle besonders wichtig sind und
  • was diese als vorteilhaft und was sie als nachteilig bewertet.

Auch wäre zu fragen,

  • mit welcher Expertise die Konzepte ausgewertet werden,
  • ob gemäß Vergaberecht mindestens zwei voneinander unabhängige Personen die Bewertung vornehmen (§58 Abs. 5 VgV) und
  • wie die Auswertung für ein mögliches Nachprüfungsverfahren dokumentiert wird.

In den letzten Jahren haben auch einige Gerichtsentscheide die Position der Bieter gestärkt. So hat vor allem das OLG Düsseldorf mit seiner Entscheidung vom 8. März 2017 präzisiert, dass jeder Bieter in Kenntnis der Zuschlagskriterien und deren Gewichtung vollumfänglich in der Lage sein muss zu erkennen, was der Auftraggeber von ihm erwartet (OLG Düsseldorf, 08.03.17,Verg 39/16).

Mit einem Hinweis auf diesen Gerichtsentscheid erhöhen Sie bei der Vergabestelle bei missverständlichen Bewertungsvorgaben deutlich den Druck, ohne direkt zur Rüge zu greifen. Die Vergabestelle wird mit großer Wahrscheinlichkeit prüfen, ob sie es bei ihren rechtlich sehr angreifbaren Darlegungen belässt oder durch eine klarstellende Bieterkommunikation für mehr Transparenz in der Vergabe sorgt. Tritt die Vergabestelle jedoch nicht in Aktion, können Sie zur Rüge greifen bzw. ein Nachprüfungsverfahren anstreben.

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