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EINSPRUCH GEGEN VERGABEENTSCHEIDUNG: SO WEHREN SIE SICH

Einspruch gegen Vergabeentscheidung: So wehren Sie sich gegen Vergabe-Unrecht!

Obwohl jedes Jahr viele Tausend Rechtsverstöße bei öffentlichen Ausschreibungen begangen werden, bleiben sie zumeist ungeahndet.

Der Grund: Allzu wenige Bieter kennen ihre Rechte. Viele Bewerber haben zudem das Gefühl, dass sie nur verlieren können, wenn sie ihr Recht einfordern, da sie befürchten, einen potentiellen Kunden zu verprellen. Dabei setzen Vergabestellen sich bisweilen über Recht und Gesetz hinweg, weil sie eben davon ausgehen dürfen, nicht belangt zu werden.

Nicht immer ist es ratsam, gegen eine Vergabeentscheidung vorzugehen. Der Aufwand ist oft beträchtlich, der Ausgang ungewiss. Und bis die Entscheidung vorliegt, kann einige Zeit vergehen. Gerade wenn Sie eigentlich eine gute Geschäftsbeziehung zu einer Vergabestelle haben, sollten Sie sich überlegen, ob es Ihnen langfristig zum Vorteil gereicht, Rechtsmittel gegen eine einzelne missliebige Entscheidung einzulegen.

Es gibt aber auch Vergabestellen, von denen Sie wissen, dass Sie nicht zum Zuge kommen werden - da gewisse Mitbewerbende sich regelmäßig die Aufträge sichern. In diesem Fall kann es sich aus verschiedenen Gründen lohnen, deutlicher auf die Einhaltung von Recht und Gesetz zu pochen. Beispielsweise ist in den meisten Vergabestellen organisiert, dass Rügen bei einem Rügeverfahren immer an den Vorgesetzten gegeben werden müssen und ein in der Regel Volljurist ist sicher interessiert daran, dass in seiner Abteilung keine vergaberechtsfreie Parallelwelt entsteht.

Außerdem können Sie die eigene Position kaum verschlechtern und somit auch in Kauf nehmen, dass die Behörde dem von Ihnen aufgebauten Druck Stand hält und Sie ihre Chancen nicht verbessern. Denn wenn Sie die nächsten Jahre weiterhin ohne Beanstandung ihre Angebote abgeben, tragen Sie mit Sicherheit nichts dazu bei, dass irgendwann doch einmal die kommunale Aufsichtsbehörde oder der Landesrechnungshof aufmerksam werden.

 

Warum ist die Rüge der Ursprung der Rechteinforderung?

Wenn Sie der Leistungsbeschreibung auf einen Blick ansehen, dass Ihre Konkurrenz eine hervorragende Vorakquise gemacht hat, oder eine einsilbige Antwort auf Ihre Bieterfrage vermuten lässt, dass die Vergabestelle wenig Interesse an Wettbewerb hat, ist es an der Zeit, hier Recht und Gesetz Geltung zu verschaffen.

Dabei ist zu beachten, dass Sie die von Ihnen erkannten Vergaberechtsverstöße innerhalb der vorgegebenen Fristen rügen. Nach neuem Vergaberecht muss dies innerhalb von zehn Tagen nach Erkennen des Vergaberechtsverstoßes geschehen, soweit dies möglich ist (§160 Abs. 3 Nr. 1GWB).

Besonders wichtig: Nahezu ausnahmslos kann nur das, was vor Ablauf der Angebotsfrist gerügt wurde, hinterher in einem Nachprüfungsverfahren auch geltend gemacht werden.

Eine Ausnahme betrifft eine aus Ihrer Sicht sachlich falsche Vergabeentscheidung. Wenn Sie zum Beispiel wissen, dass Ihr Konkurrent A bestimmte Eignungskriterien nicht erfüllen kann, dann aber doch den Zuschlag erhält, können Sie erst nach Bekanntwerden der Bezuschlagungsbeabsichtigung aktiv werden - folglich erst nach Ablauf der Angebotsfrist rügen.

Wichtig für die weitere Verfolgung der Rüge hin zum Nachprüfungsverfahren ist aber in aller Regel, dass Sie auch ein Angebot abgegeben haben. Nur dann können Sie geltend machen, dass Sie auch ein berechtigtes Rechtsschutzinteresse haben. Wenn Sie also beabsichtigen, ein Nachprüfungsverfahren anzustrengen, rügen Sie vor Angebotsfrist die Ihnen aufgefallenen Vergaberechtsverstöße und geben Sie trotzdem ein Angebot ab. Dabei spielt es tatsächlich keine Rolle, ob dieses ausgeschlossen wird oder nicht.

 

Was ist das Nachprüfungsverfahren?

Die erstinstanzliche Nachprüfungsbehörde ist immer die Vergabekammer. Sie muss zwingend angerufen werden, wenn es um die Verfolgung von Vergaberechtsverstößen geht. Bei Ausschreibungen von Bundesbehörden ist stets die zuständige Vergabekammer des Bundes anzurufen, bei den Ländern entsprechend die jeweils zuständigen Länder-Vergabekammern (§ 156 GWB). Die verantwortliche Vergabekammer muss bereits in der Vergabebekanntmachung benannt werden. Auch bei länderübergreifenden Ausschreibungen darf nur eine Vergabekammer benannt werden. (§ 159 Abs. 3 GWB) So weiß jeder Bieter, an welche Kammer er sich wenden muss, wenn er ein Nachprüfungsverfahren einleiten will.

Eines der Probleme ist indessen die gesetzliche Bestimmung, dass die Vergabekammern von drei Personen gebildet werden, von denen einer ehrenamtlich, der Vorsitzende sowie ein Beisitzer jedoch „Beamte auf Lebenszeit mit der Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst“ sein müssen (§ 157 Abs. 2).

Auch wenn die Vergabekammern formal unabhängig sind, so kommen die Entscheider doch aufgrund dieser Gesetzesvorgabe stets aus der Verwaltung. So verwundert es nicht, dass die überwiegende Anzahl der Verfahren vor den Vergabekammern zugunsten der Behörden ausgeht. Nach einer Statistik  des Forums Vergabe e.V. sind im Jahr 2017 sind nur 123 von 824 Nachprüfungsverfahren zugunsten der Bieter entschieden worden.

 

Was ist die zweite und letzte Instanz?

Gegen die Entscheidung einer Vergabekammer können Sie eine so genannte Sofortige Beschwerde einlegen (§ 171 Abs. 1 GWB).

Über die Sofortige Beschwerde entscheiden die für die Vergabekammer regional zuständigen Oberlandesgerichte, die wiederum eigene Vergabesenate zu bilden haben (§ 171 Abs. 3 GWB).

Diese Vergabesenate werden von professionellen Richtern gebildet, die weit unabhängiger sind als die Entscheidungsträger in den Vergabekammern, da das Prinzip der Gewaltenteilung zwischen Judikative und Exekutive voll gewahrt bleibt. Leider lässt sich der subjektive Eindruck, dass Vergabesenate wesentlich häufiger zugunsten der Bieter entscheiden, nicht statistisch stützen, zumindest ist mir keine derartige Auswertung bekannt.

Wenn Sie eine Sofortige Beschwerde einlegen, müssen Sie diese innerhalb von zwei Wochen beim zuständigen Vergabesenat einreichen. Dabei gibt das Gesetz vor, dass der Antrag von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein muss. Sie können also nur mit einem Justitiar oder einem externen Rechtsanwalt vor den Vergabesenat ziehen (§ 172 GWB). Egal wie der Vergabesenat entscheidet, gegen diese Entscheidung kann rechtlich nicht weiter vorgegangen werden (§177 GWB).

Auf Antrag stellt die Vergabekammer übrigens auch fest, ob Sie in Ihren Rechten verletzt worden sind, was Ihnen wiederum den Weg zu einer Schadenersatzklage ebnet (§ 178 S. 3 GWB). Das ist wichtig, da die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens nur bei europaweiten Ausschreibungen aufschiebende Wirkung hat. Ein wirksam erteilter Zuschlag kann nämlich nicht aufgehoben werden (§ 168 Abs. 2 GWB). In diesen Fällen kommen Sie also nicht an den Auftrag, auch wenn dieser unrechtmäßig an einen Dritten vergeben wurde. Sie können aber Schadenersatzansprüche auf dem üblichen Rechtsweg geltend machen (§ 156 Abs. 3 GWB).

 

Fazit: Einspruch gegen Vergabeentscheidung

Der Rechtsweg ist im Vergaberecht ressourcenintensiv und nur zu empfehlen, wenn die Auftragssumme der Ausschreibung den Aufwand rechtfertigt. Sie sollten daher intensiv abwägen, ob der Weg sinnvoll ist.

Mir sind Fälle bekannt, in denen eine Rüge und damit die Androhung eines Nachprüfungsverfahrens durchaus Wirkung zeigte. Denn nichts fürchten Vergabestellen so sehr wie eine Verzögerung oder gar Aufhebung eines Vergabeverfahrens.

Oftmals ist es in den Behörden auch so geregelt, dass vorgesetzte Volljuristen erst dann vom Sachbearbeiter mit ins Boot geholt werden, wenn eine Rüge vorliegt. In diesen Fällen habe ich es schon oft erlebt, dass die Einhaltung von Recht und Gesetz wesentlich ernster genommen wurde und die eigenen Chancen stiegen.

Wenn Sie indessen ein Nachprüfungsverfahren wirklich anstrengen wollen, gehen Sie immer davon aus, dass die mündliche Verhandlung vor der Vergabekammer oft nur ein „Vorgeplänkel“ ist. Die bekannte Vorliebe der Vergabekammern für die Vergabestellen, gepaart mit dem Umstand, dass es meist um viel Geld geht, führt in der Regel dazu, dass die Fälle bis vor die Vergabesenate gehen. Diesen langen Atem sollten Sie haben und davon ausgehen, dass der Rechtsstreit bis zur endgültigen Entscheidung mehrere Monate dauert.

Wenn Sie durchgehalten haben, kann es durchaus auch zu überraschenden Ergebnissen kommen, die mit letztinstanzlichen Beschlüssen wenig zu tun haben. So erlebte ich selbst vor vielen Jahren, dass der zuständige Richter des Vergabesenats in der mündlichen Verhandlung andeutete, dass Vergaberechtsverstöße vorliegen könnten, und schlug eine Pause von 15 Minuten vor. In dieser Pause einigten wir uns mit dem zu bezuschlagenden Unternehmen auf einen „Beratungsvertrag“ und zogen daraufhin die Sofortige Beschwerde zurück. Auch das kann ein letztendlich günstiger Ausgang eines Verfahrens sein, das offiziell als „eingestellt“ in die Statistik eingeht.

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