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DIE URKALKULATION ALS TEIL DES ANGEBOTS: WAS BIETER WISSEN SOLLTEN

Die Urkalkulation als Teil des Angebots: Was Bieter wissen sollten

In einem öffentlichen Vergabeverfahren müssen Bieter mit ihrem Angebot die vom Auftraggeber geforderten Erklärungen und Nachweise vorlegen. Hierzu gehört auch die Urkalkulation des Angebotes. Diese ist in Vergabeverfahren von Bau- und Dienstleistungen oft die entscheidende Grundlage für die Überprüfung eines Angebotspreises hinsichtlich Plausibilität und Angemessenheit.

 

Aber auch nach der Auftragsvergabe hat die Urkalkulation durchaus ihre Bedeutung: Der Auftraggeber kann damit beispielsweise beurteilen, ob Forderungen nach Preisanpassungen oder Nachträge des Auftragnehmers berechtigt sind. Auftraggeber behalten sich daher häufig vor, die Urkalkulation anzufordern und im Streitfall umfassend zu prüfen.

 

Was ist die Urkalkulation? - eine Definition

Die Urkalkulation ist gemäß § 16d EU VOB/A eine Unterlage über die Ermittlung der Preise und Kosten. Bei einem entsprechenden Anlass darf die Urkalkulation im Vergabeverfahren zur Aufklärung unangemessen niedriger oder hoher Angebote herangezogen werden. Auch zur Klärung unzulässiger Mischkalkulationen, also ob ein Bieter Kosten einer Position unerlaubterweise in eine andere verschoben hat, kann die Urkalkulation geprüft werden.

 

Welche Bedeutung hat die Urkalkulation im Vergabeverfahren?

Die Urkalkulation dient dem Auftraggeber

  • zur Überprüfung ungewöhnlich niedriger oder hoher Angebotspreise
  • zur Ermittlung gegebenenfalls unzulässiger Mischkalkulationen

Auch zu einer Auslegung des Inhalts des Angebotes kann die Urkalkulation als Unterlage der internen Preisbildung herangezogen werden.

Zu einer eigenen (Preis-) Aufklärung des Angebotes muss es im Übrigen gar nicht erst kommen, wenn der Auftraggeber die Angemessenheit des Angebotspreises bereits anhand vorliegender Unterlagen über die Preisermittlung beurteilen kann – zum Beispiel anhand der Urkalkulation. Das gilt allerdings nur, wenn der Auftraggeber zu einem positiven Prüfungsergebnis gelangt.

Soll das Angebot abgelehnt werden, muss dem Bieter in jedem Fall vorher Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Das gilt auch, wenn dem Auftraggeber die Urkalkulation oder sonstige Unterlagen zur Preisermittlung schon vorliegen. Die Urkalkulation dient darüber hinaus im Rahmen der „vorkalkulatorischen Preisfortschreibung“ als Grundlage der Preisermittlung für Nachtragsleistungen.

 

Darf der Auftraggeber die Urkalkulation mit dem Angebot verlangen?

Ja, im Falle eines ungewöhnlich niedrigen Angebots ist die Vergabestelle sogar zu einer umfassenden Angebotsprüfung anhand der Urkalkulation verpflichtet. Werden zulässige Gründe für den niedrigen Preis nicht ausreichend nachgewiesen, kann die Vergabestelle das Angebot von der Bezuschlagung ausnehmen (§ 60 VgV Abs. 2).

Der Bieter muss der Aufforderung zur Vorlage der Urkalkulation übrigens auch nachkommen, wenn er die Leistung im Wesentlichen durch Nachunternehmer erbringen lassen will. Der Auftragnehmer kann die Urkalkulation vor Benennung der Nachunternehmer fordern. In diesem Fall ist die Kalkulation nicht auf Basis final mit den Nachunternehmern ausverhandelter Verträge, sondern gemäß Kostenschätzungen zu erstellen.

 

Wie muss die Urkalkulation vorgelegt werden?

Aus Sicht der Bieter und Auftragnehmer betrifft die Urkalkulation den innersten Kern ihres Angebotes.

In der Urkalkulation finden sich viele Details zur Preisgestaltung sowie Geschäftsgeheimnisse, die Bieter nur ungern preisgeben. Daraus resultiert die häufig vorgesehene Praxis, die Urkalkulation verschlossen zu übergeben.

Zudem darf der Auftraggeber sie nur bei bestimmten, vorab festgelegten Anlässen wie die Überprüfung ungewöhnlich niedriger Angebotspreise öffnen – häufig auch nur im Beisein des Bieters oder Auftragnehmers. Das kann ein Weg sein, das berechtigte Aufklärungsinteresse des Auftraggebers und das Geheimhaltungsinteresse der Bieter sachgerecht auszutarieren.

Eine Verpflichtung des Auftraggebers, eine Urkalkulation in verschlossenem Umschlag zu fordern, ist rechtlich umstritten. EFB-Kalkulationsblätter (EFB = Einheitliche Formblätter, zum Beispiel im Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB) für die Baumaßnahmen des Bundes) werden im Regelfall offen gefordert und vorgelegt – und eine Unterscheidung zwischen verschlossener Urkalkulation und offenen Kalkulationsblättern erschließt sich nicht: Beide Unterlagen unterscheiden sich nur hinsichtlich Umfang und Detailgrad.

 

Was sind die wesentlichen Bestandteile einer Urkalkulation?

Die Urkalkulation lässt sich auf Basis sechs wesentlicher Werte darlegen:

  • Personalkosten zuzüglich Lohnneben- und Ausstattungskosten
  • Materialkosten inklusive zu nutzender Werkzeuge und Maschinen
  • Transport- und Logistikkosten
  • eventuelle Nachunternehmerkosten
  • allgemeine Verwaltungskosten (ggf. inklusiv Baustellengemeinkosten)
  • Kalkulationsposten Wagnis und Gewinn

 

Weshalb erfordern die Kalkulationsposten Wagnis und Gewinn besondere Beachtung?

Die Vergabestelle erwartet eine glaubwürdige Zusammenstellung der Kosten. Dies beinhaltet auch Einblicke in den Risikoaufschlag und die kalkulierte Gewinnmarge entsprechend der branchenüblichen Aufschläge. Werden diese Posten nicht ausgewiesen, kann dem Bieter ein nicht auskömmliches Angebot unterstellt werden.

Der Bieter muss dem Auftraggeber darlegen, dass sein Angebot wirtschaftlich und gegenüber Risiken abgesichert ist. Andernfalls droht ein Ausschluss vom Vergabeverfahren.

 

Was passiert, wenn die geforderte Urkalkulation nicht mit dem Angebot vorgelegt wird?

In diesem Fall ist das Angebot unvollständig. Bei der Vergabe von Bauaufträgen muss die Kalkulation vom Auftraggeber nachgefordert werden. Freigestellt ist dem Auftraggeber bei Dienstleistungen, ob er die Urkalkulation nachfordert.

Legt ein Bieter die Urkalkulation auch auf Nachforderung nicht vor, ist das Angebot zwingend vom weiteren Vergabeverfahren auszuschließen.

 

Was geschieht, wenn der Bieter die Urkalkulation mit einem Sperrvermerk versieht?

Versieht ein Bieter die Urkalkulation in einem verschlossenen Umschlag mit dem Vorbehalt, diese dürfe nur im Beisein seines Vertreters oder nach Rücksprache mit ihm geöffnet werden (sog. Sperrvermerk), ist dieser Vorbehalt vom Auftraggeber zu beachten, die Erklärung gilt jedoch als nicht vorgelegt. Sie ist nach § 16 EU VOB/A vom Auftraggeber nachzufordern bzw. kann nach § 56 VgV vom Auftraggeber nachgefordert werden (vgl. Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg, Urteil vom 25.04.2017 - 6 U 170/16).

 

Ist der Auftraggeber zur Geheimhaltung der Urkalkulation verpflichtet?

Ja, diese Verpflichtung gilt zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Außerdem liegt es im ureigenen Interesse des Auftraggebers, die Informationen der Urkalkulation nicht in den Markt zu tragen.

Würde die Preisgestaltung einzelner Bieter im Markt bekannt, könnte dies den Wettbewerb unterbinden und dazu führen, dass zukünftige Ausschreibungen nicht zu einem wirtschaftlichen Ergebnis führen.

 

Was gilt, wenn der Auftraggeber Dritte mit der Überprüfung der Urkalkulation beauftragt?

Teils fehlt Auftraggebern das Fachwissen, um die Plausibilität der Urkalkulation stichhaltig zu überprüfen. Sie beauftragen Dritte mit der Überprüfung von Teilen der Urkalkulation.

Ist ein Auftraggeber zur Öffnung der verschlossen übergebenen Urkalkulation berechtigt, darf er auch Kopien anfertigen und diese an berechtigte Dritte weitergeben. Denn: Nur mit umfassenden Einblick können die vom Auftraggeber einbezogenen externen Dritten diese belastbar überprüfen.

Bieter sind damit oftmals nicht einverstanden: Die Urkalkulation enthält sensible Informationen, die nicht nach außen dringen sollen. Häufig kommt es zum Streit.

 

Wie zieht die Rechtsprechung die Grenzen der Geheimhaltung einer Urkalkulation?

Wie zieht die Rechtsprechung die Grenzen der Geheimhaltung einer Urkalkulation?

Die Rechtsprechung zieht die Grenzen nicht so eng, wie von Bietern und Auftragnehmern oft angenommen. So hat das Oberlandesgericht (OLG) München bereits 2007 entschieden: Darf der Auftragnehmer bei der Öffnung der Urkalkulation anwesend sein, ist dem Auftraggeber nicht zwangsläufig ein Kopieren der Urkalkulation verboten.

Im Gegenteil: Wer eine Öffnung der Urkalkulation im Streitfall vereinbart, der möchte, dass die Urkalkulation eingehend überprüft wird. Diese Prüfung werde aber, so das Gericht, während eines einzigen, zeitlich beschränkten Termins regelmäßig nicht möglich sein. Schon deshalb dürfe der Auftraggeber Kopien erstellen und diese auch an Dritte weitergeben, die er mit der Prüfung beauftragt hat (OLG München, Beschluss vom 16.01.2007 – 27 W 3/07).

Die Anwesenheit des Bieters bei der Öffnung der Urkalkulation diene zudem nicht primär dem Geheimnisschutz. Sie könne auch dazu dienen, die Identität der eröffneten Urkalkulation zu prüfen, direkt ins Gespräch zu treten oder Erläuterungen vorzunehmen. Demnach gilt: Will ein Bieter die Anfertigung einer Kopie ausschließen, muss er dies in einem Sperrvermerk hinreichend deutlich zum Ausdruck bringen.

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