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VERFAHRENSGRUNDSÄTZE NACH § 97 GWB

Verfahrensgrundsätze nach § 97 GWB

So wie das Grundgesetz sozusagen die Mutter aller Gesetze der Bundesrepublik Deutschland ist, so ist das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ein Pfeiler marktwirtschaftlicher Ordnung und die Grundlage aller vergaberechtlichen Vorgaben in Deutschland. Regelmäßig wird das GWB deshalb mit europarechtlichen Vorgaben in Einklang gebracht. Dabei beschäftigt sich das GWB erst ab dem IV. Teil mit der Vergabe öffentlicher Aufträge, angefangen mit §97 GWB, aus dem besonders wir Bieter mannigfaltige Rechte ableiten können.

Der wichtigste Absatz des § 97 GWB für uns Bieter ist gewiss Absatz 6: „Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.“ Aus diesem Satz folgern wir also ganz wesentlich nicht nur, dass sich die Vergabestellen an die vergaberechtlichen Vorgaben halten müssen, sondern auch, dass wir Bieter ein Recht darauf haben, dies auch einzufordern. Der Rechtsschutz ist unmittelbar darüber gegeben, dass wir nach § 156 Abs. 2 VgV ein Nachprüfungsverfahren einleiten können, wenn wir uns in unseren Rechten nach § 97 Abs. 6 VgV verletzt sehen.

Zuvor müssen wir jedoch einen vermuteten Verstoß rügen, das heißt, vor Ablauf der Angebotsfrist gegenüber der Vergabestelle anzeigen, damit sie der aufgeworfenen Vergaberechtsverletzung gegebenenfalls abhelfen kann (§ 160 Abs. 3 S. 1 GWB). Über diesen Ansatz kann man stets auf die Einhaltung der „Grundrechte“ der öffentlichen Vergabe pochen. Die Wesentlichen sind im Folgenden tabellarisch aufgeführt.

Die „Grundrechte“ der öffentlichen Vergabe im Überblick

Grundrecht

  • Das Transparenzgebot bedeutet im Wesentlichen, dass Sie ein Anrecht auf ausreichenden und fairen Informationsfluss haben, damit es Ihnen möglich ist, passende Angebote bei jeder Ausschreibung einzureichen.

  • Die Gebote zur Einhaltung der Wirtschaftlichkeit und Verhältnismäßigkeit sind neu im Gesetz und zielen darauf ab, dass die Behörden zu einem effizienten und zielorientierten Arbeiten ermahnt werden können sowie die Aufwand-Nutzen-Relation im Blick behalten. Wenn Sie also wieder einmal auf eine Ausschreibung treffen, bei der Sie für 5000 Euro Umsatz 20 Eigenerklärungen und Nachweise einreichen sollen, können Sie die Vergabestelle über eine Bieterfrage daran erinnern, dass Sie Zweifel an der Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgebots gem. § 97 Abs. 1 GWB haben.

  • Das Wettbewerbsgebot bedeutet, dass bei einer Ausschreibung zumindest theoretisch immer mindestens zwei Anbieter ein geeignetes Angebot abgeben können müssen. Wenn Sie, was insbesondere im Produktmarkt häufig vorkommt, auf eine Ausschreibung stoßen, deren Mindestanforderung oder deren sämtliche Anforderungen lediglich das Angebot eines Bieters zulassen, erfolgt eine Rüge. Diese verweist auf den oben genannten Paragraphen.

  • Besonders hervorheben möchte ich noch das Gebot der Mittelstandsförderung, da es doch sehr vergaberechtsspezifisch ist. Das Gesetz besagt, dass mittelständische Interessen überall dort, wo es möglich ist, zu fördern sind, möglichst durch die Bildung von Teillosen, damit ein großes Auftragsvolumen nicht nur von großen Konzernen gestemmt, sondern auch „häppchenweise“ vergeben werden kann. Da die Behörden es aber gern mit einem Gesamtverantwortlichen zu tun haben, wird dieser Vergaberechtsgrundsatz relativ häufig verletzt. Abschließend daher eine Formulierungshilfe aus einem konkreten Beispiel, wie Sie sich dagegen zur Wehr setzen können:

Beispiel

Die Universität D hat den Umzug von Archivakten ausgeschrieben. Der Umzug der 30 Regalkilometer Gegenwartsliteratur und der 500 Regalmeter sensible antiquarische Archivalien werden gemeinsam mit dem Umzug der 209 Bibliotheksarbeitsplätze in einem Los ausgeschrieben. Ein Bieter rügt dies, indem er an die Vergabestelle schreibt:
„Gern würden wir Ihnen ein attraktives Angebot zusammenstellen, sehen uns aber dazu nicht in der Lage, da das Gesamtvolumen unsere mittelständische Leistungsfähigkeit übersteigt. Unserer Ansicht nach ist es aber ohne Nachteile möglich, Teillose zu bilden und damit dem Gebot der Mittelstandsförderung nach §97 Abs. 4 GWB gerecht zu werden. Der Umzug der Archivakten benötigt allenfalls zum Teil speziell geschulte Kunstspediteure. Der Umzug der 209 Bibliotheks-Arbeitsplätze sowie der Gegenwartsliteratur erfordert indessen lediglich herkömmliche Fachkräfte für Umzugsservices. Das Gesamtlos kann aber so wie gebildet nur von einigen Großspediteuren gewonnen werden, die über eine eigene Kunstspedition verfügen. Leider kommen wir daher nicht umhin, das Gesamtlos als mittelstandsfeindlich gem. § 97 Abs. 4 GWB zu rügen und fordern Sie auf, die genannte Ausschreibung in mindestens drei getrennte Lose nach Archivalien, Arbeitsplätze und Gegenwartsliteratur getrennt auszuschreiben.“

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